Muthiges Interview

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Muthiges Interview

Beitrag von katana1135 »

Der Designer der Katana (Hans a. Muth) hat sich dazu bereit erklärt, die eine oder andere Frage zu der Gestaltung der Katana in einem Interview zu beantworten.

Denke ein sehr schöner Ansatz und eine einmalige Möglichkeit, um aus erster Hand Hintergründe zu dem Entwurf zu erfahren und der Gemeinschaft in diesem Forum mitzuteilen.

In unregelmäßigen Abständen soll an dieser Stelle die eine oder andere Interviewfrage hier erscheinen ..
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Re: Muthiges Interview

Beitrag von katana1135 »

Herr Muth, immer wieder stellt sich die Frage, wofür die unbelegten Schalter in den Seitendeckeln der GSX Katana ursprünglich gedacht waren. Können Sie hierfür eine Erklärung geben?

Die unbelegten Schalter waren für evtl. individuelle Zubehörwünsche. Diese so positioniert, dass man sie ergonomisch erreichen kann. Zum anderen ist und war im "Cockpit"-Bereich kein Platz.
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Re: Muthiges Interview

Beitrag von katana1135 »

In den letzten Jahren gewinnen die gekürzten Sitzbänke der 750/1100er Katana zunehmend an Beliebtheit. Für den Soziusbetrieb sind diese in den meisten Fällen ausreichend. Welche Idee haben Sie bei dem Entwurf gehabt, als die lange Sitzbank gestaltet worden ist?

Der Klient war eine japanische Firma mit Namen Suzuki: Und diese Klientel möchte es allen richtig machen. Da keine reine Sportmaschine, die mit einer 1+1 Bank bedacht worden wäre, sondern, ähnlich der BMW R 90S eine Sport-Tourenmaschine wollte man ein Doppelsitzbank.

Mir gefiel diese Bank nie so richtig, doch der Klient wollte es genauso.

Alleine der Kampf mit dem "Windshield", denn das wollten wir nicht und hätte es so auch nicht gebraucht (Windtunnel-test), hatte einen Tag gedauert. Die Erklärung war, dass in ihrer Spezifikation eines Cockpits immer eine Scheibe dazu gehört! Da half alles nichts und die Scheibe wurde nachgereicht.
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Re: Muthiges Interview

Beitrag von katana1135 »

Wenn Sie mit der von Suzuki geforderten Sitzbank nicht glücklich gewesen sind, muss die damalige Zubehörsitzbank von Speer für Sie doch eine zufriedenstellende Alternative gewesen sein. Oder hatten Sie einen ganz anderen Gedanken für die Funktionalität und Linienführung?

Die Sitzbank war generell schon in-line mit der Gesamtgestaltung und neu in der farblichen Aufteilung und Betonung. Zudem musste die Rückleuchte als vorhandenes Serienteil übernommen werden. Die SPEER-Bank kam sehr viel später und war halt ein Zubehörteil wie andere auch, jedoch nicht vom Gesamtkonzept her.

Meine Unzufriedenheit war eine ganz individuell-persönliche, doch die Maschine wurde so freudig und positiv akzeptiert.

Wenn heute kürzere Bänke En vogue sind, dann ist das ein Zeitzeichen.

Ich hatte bei dem Entwurf meiner BMW R 100RS große Überredungskünste anwenden müssen, um diese Sitzbank, eine "1-plus-1" durchzusetzen. Heute ist so der Bedarf.

Wenn man sich aber mal die meisten heutigen Bikes anschaut ist der Platz für den Sozius/Sozia (!) alles andere als eine Referenz. Hoch, kurz, knapp und unbequem als wenn der heutige Körperbau alles andere als Slim-fit ist.

Design reflektiert immer die jeweilige Zeit und manch Design übersteht die Wandlungen und ist noch immer attraktiv, logisch, begeisternd: warum wohl. Es gibt einige Beispiele: Die BMW R 90S wurde 2013 40 Jahre alt und die R 100RS zieht in diesem Jahr mit 40 Jahren nach. Die Katana`s müssen noch etwas warten, doch die kontroverse Begeisterung hält sie am Leben. Sie war ein Meilenstein im Motorrad-Design und Honda baute später die besseren Katana`s, die typische Tank-Modulierung findet man bis heute fast an jedem Tank, nicht als Kopie, sondern weil es einfach logisch war.
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Re: Muthiges Interview

Beitrag von katana1135 »

Ein interessanter Ansatz mit den Platzhaltern für zusätzliche Optionen im Automobildesign. Ich fand damals das Cockpit für den ersten 3er BMW sehr beeindruckend. Ich meine hier auch erstmals die ergonomische Verteilung der Armaturen und Schalter in Erinnerung zu haben. Wenn ich es in Glemseck richtig verstanden habe, waren Sie für dieses Design ebenfalls verantwortlich.

So ist und war es!

Man könnte also sagen, dass Sie die Ergonomie in das Automobil und in das Motorrad gebracht haben. Oder sehe ich das falsch?

Sie sehen es absolut richtig .

Welche Empfindungen hat man als Designer eines Fahrzeugs, wenn die Zubehörteile oder Umgestaltungen die Linienführung des Designs verändern? Diese Individualisierungen zeigen natürlich zum einen den persönlichen Personifizierungswunsch des Fahrers und dessen eigenen Geschmack. Man könnte es aber auch als einschneidenden Eingriff in die Gestaltungsidee des Produktdesigners betrachten.

Nun der verantwortliche Designer gibt nach den ihm vorgebeben Vorlagen seine formal-inhaltliche Interpretation. Was auch immer dann mit dem Fahrzeug geschieht liegt an dem jeweiligen Besitzer. Das muss man wohl zulassen, tolerieren, respektieren.

Es gibt natürlich einiges über die Auffassung des „Umgestalters“, Freud hätte da zum Teil ein reichliches Feld und Freude zur Interpretation.

Zum anderen, sollte es durch den Umbau zu Beschädigungen kommen, besonders an der Frontschürzen-Gestaltung, bedingt durch die nicht Hersteller-bedingten Qualitäts- und Funktions Anforderungen, zieht die Kritik und die Eindrücke, die es vermittelt, immer auf den Fahrzeughersteller ab. Das kratzt am Hersteller-Image mit Recht. Man kennt die lässigen Kommentare.
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Re: Muthiges Interview

Beitrag von katana1135 »

Man findet immer wieder Diskussionen darüber, ob es sich nach umfangreichen Umbaumassnahmen bei dem Motorrad noch um eine "Katana" handelt. Der Austausch von einem Fahrwerk (Stereo- oder Monofederbein) oder der Wechsel zu einem anderen Motor, Wegfall des katanatypischen Cockpits oder Wechsel der Frontverkleidung bzw. Scheinwerferveränderungen werden in diesem Zusammenhang immer wieder in Frage gestellt. Hier gibt es in der Katanaszene zum einen den Orginalfetisch, der jegliche Veränderung an dem Bike verurteilt oder die extremen Individualisierungen, die von dem Entwurf so gut wie garnichts mehr überlassen.

Das ist ein Frage in wie sehr man das Original-Design /Fahrzeug zu seinem Fetisch macht. Denn, je mehr man es verändert, ergibt sich doch die Frage womit man sich denn eigentlich identifiziert?

Ich habe Sie diesbezüglich als sehr toleranten und offenen Beurteiler dieser Umbauten kennengelernt. In ihren Anmerkungen war aber auch immer wieder zu erkennen, dass bei der Einschätzung der Individualisierungen die Ergonmie eine grosse Rolle gespielt hat. Ich kann mich erinnern, dass sie zu dem einen gezeigten Entwurf mit Entsetzen gefragt haben, wer sich denn auf dieses unbequemes Motorrad setzen soll.

Man spricht von >Mann und Maschine<, ansonsten ist das Bike zum reinen statischen Show oder Fetisch-Objekt degradiert. : Wenn man es so haben will?!
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Re: Muthiges Interview

Beitrag von katana1135 »

Gibt es Aspekte, die für Sie bei der Suzuki Katana ein unbedingtes gestalterisches Erkennungsmerkmal ausmachen?

Die Flyline, der optische Gesamtauftritt, das den Vorgaben repräsentierende Design: die 3 "A`s", Absicht, Aufgabe, Ausdruck. Das aber auch im Zusammenhang mit dem Gesamt-Package und technisch-/motorischen Auslegungen.

Den absoluten Wiedererkennungseffekt? Meilensteine sind für die Weiterentwicklung in jeglicher Hinsicht wichtig. Für die Motorradentwicklung war der Meilenstein "Katana" sicherlich entscheidend. Dieses macht die Katana zu einem bedeutenden Klassiker (was für den Erhalt der Orginalität spricht - wohl dem, der diese hat). Honda baute später die "besseren" Katanas. Ich höre schon den Aufschrei in der Katanafangemeinde!

Ich meine damit, wie Honda die Design-Vorgaben, Interpretationen der KATANA übernommen und konsequent variiert haben. Konsequenz und Durchgängigkeit waren und sind leider keine aktiven Charakteren von Suzuki, und das bis heute. Immer zaghaft wenn man hätten klotzen können, immer ängstlich wenn man sich hätte neu aufstellen können.

In welcher Honda sehen Sie denn die "bessere" Umsetzung der Katana?

Hauptsächlich in der Tankgestaltung, wobei anzumerken ist, Honda und auch die anderen YA und KA`s haben nicht kopiert:: sie haben etwas logisches übernommen (wie auch beim Interior-Design Layout beginnend mit der >Turbo-Studie< welche dann konsequent in die 3er und 6er-Reihe übernommen wurde).
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Re: Muthiges Interview

Beitrag von katana1135 »

Wie kam es zu den unterschiedlichen Entwürfen von der 750/1100 und der 550/650 ?

Die Erste Katana 650 wurde auf einem 550 Package und Rahmen aufgebaut, die 2. Katana auf einem 750er Package und Rahmen, diese hatte aber eine ganz andere Bestimmung.

Suzuki ergänzte die Katanaserie in Deutschland noch mit einer 400er, die allerdings mit den beiden Entwürfen nicht mehr sehr viel gemein hatte. Ich denke hier hatte Suzuki selbst Hand angelegt, um in der Einsteigerklasse den Mythos Katana einzubringen. Oder wurde hier das Designteam der Katana mit einbezogen?

Alle diese „Nachfolger“ oder „Ergänzungs-Modelle geschahen ohne uns und später mich, was typisch für die Handlungs-Politik von SMC war und ist!

Dem Design folgte später die Katana mit Klappscheinwerfer. Wie ist es dazu gekommen?

Man wollte natürlich auch zeigen, was Suzuki-Designer selbst so können. Es war eine Herausforderung an alle SMC-Designer, denn meine Aufgabe war ja auch das "Know-How" Transfer und Lehrtätigkeiten, übrigens auch für die Auto-Sparte.
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Re: Muthiges Interview

Beitrag von Silverlinekatana »

Hallo Michael,

tolle Idee, mit diesem thread!

Ich hoffe wir sehen uns am Wochenende??!!

Grüße Chris
"...schön, so Oldschool zu sein!!
Nix Fahrmodi, Quickshift, ABS und so´n Schnickschnack!!"
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Re: Muthiges Interview

Beitrag von katana1135 »

Die Projekte sind bei ihm noch etwas umfangreicher geworden. Daher schafft es Herr Muth nun leider doch nicht, zum 50ten Treffen zu kommen. Aber er freut sich darüber, dass er auf dem Weg des Interviews die eine oder andere Frage beantworten kann. Daher kann dieses auch als interaktives Interview betrachtet werden, wo auch andere Fragen einbringen können ..
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